Corona-Soforthilfe

Verwaltungsgericht Stuttgart entscheidet zugunsten von Betrieben

Am Freitag, 20. September, hat das Verwaltungsgericht Stuttgart seine Entscheidung zur Verhandlung vom 18. September 2024 zu den Corona-Soforthilfen veröffentlicht. Das Bangen der Betriebe, die einen Rückforderungsbescheid erhalten haben, hat noch kein Ende, jedoch steigen die Chancen: Das Gericht hat den beiden Klägern, darunter einem Hotel, Recht gegeben. Die Betriebe müssen die Soforthilfe vorerst nicht zurückzahlen.

Eine Urteilsbegründung liegt noch nicht vor, so dass noch keine abschließende Bewertung der Entscheidung erfolgen kann. Außerdem hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in beiden Verfahren die Berufung zugelassen, es besteht also die Möglichkeit, dass die Fälle in der nächsten Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof landen werden.

Der DEHOGA hat die mehrstündige mündliche Verhandlung am 18. September vor dem Verwaltungsgericht vor Ort verfolgt, um über die weitere Entwicklung zu berichten.

Das betroffene Hotel-Restaurant hatte, wie viele andere auch, kurz nach Beginn des Lockdowns einen Antrag auf Soforthilfe in Höhe von 15.000 Euro gestellt und diese auch bewilligt bekommen. Mehr als zwei Jahre später erhielt der Betrieb dann einen Widerrufs- und Rückzahlungsbescheid in Höhe der gesamten gewährten Soforthilfe. Den dagegen eingelegten Widerspruch lehnte die L-Bank ab, sodass dem Betrieb nur noch der Klageweg blieb.

Alle rechtlichen Hintergrundinfos sind im Folgenden zusammengefasst.

Zweck der Soforthilfe

Die L-Bank hat ihre Rückforderung darauf gestützt, dass die gewährte Soforthilfe nicht für den ursprünglich gedachten Zweck verwendet wurde.

Das VG Stuttgart hat daher in der mündlichen Verhandlung am 18. September erörtert, worin der Zweck der Soforthilfe bestand und wie der Verfahrensablauf der Rückforderung gestaltet war. Entscheidend war dabei, ob sich der Zweck der Soforthilfe aus Sicht der Antragsteller (also der klagenden Betriebe) erkennen ließ, ausgehend von der Richtlinie über die Gewährung der Soforthilfe, dem Bewilligungsbescheid, dem Antragsformular und den bereitgestellten FAQs. Dabei war zunächst von einem Zuschuss die Rede, um bei einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage und massiven Liquiditätsengpässen unterstützen zu können. Aus Sicht der Antragsteller erfolgte die Bewertung der eigenen wirtschaftlichen Lage als Prognose zum Zeitpunkt der Antragstellung, während die L-Bank im Rückmeldeverfahren den Liquiditätsengpass über den Zeitraum von drei Monaten betrachtet und die Förderung hiermit verknüpft hatte. Das Gericht bemängelte hier unklare Begrifflichkeiten, fehlende Definitionen, sich mehrfach ändernde FAQs, beispielsweise wenn es um den Begriff des Liquiditätsengpasses ging. Bei der Betrachtung des Verfahrens der Rückforderung standen außerdem die von der L-Bank erteilten gleich lautenden Widerspruchsbescheide im Fokus, obwohl die Kläger ihre Widersprüche sehr unterschiedlich begründet hatten.

Deutliche Zweifel an Rückforderungsbescheiden

Das Gericht hat eine Berufung zugelassen. Es ist davon auszugehen, dass die beklagte L-Bank in den bisherigen und demnächst anstehenden Verfahren die nächste Instanz anrufen wird. Mit einer zeitnahen Befriedung der vielen Verfahren, von denen aktuell die meisten ruhend gestellt sind, ist also nicht zu rechnen.

Festzuhalten bleibt, dass zwei unterschiedliche Verwaltungsgerichte in Baden-Württemberg nun deutliche Zweifel an den Rückforderungsbescheiden der L-Bank geäußert haben. Inwieweit deren Einschätzungen auf die anderen Verfahren übertragbar sind, bleibt abzuwarten. Das VG Stuttgart hat zumindest in seiner mündlichen Bewertung darauf hingewiesen, dass diese sich nur auf den Zeitraum der Richtlinie vom 22. März 2020 bezieht. Eine Verwaltungsvorschrift löste diese am 8. April 2020 ab, weil die Bedingungen für die Hilfen verändert wurden. Allerdings sind viele Soforthilfen vor dem 8. April 2020 beantragt worden. Deshalb schaut der DEHOGA nun mit Spannung auf die Urteilsbegründung aus Freiburg und Stuttgart.

Sobald es hierzu oder aus anderen Verfahren Neuigkeiten gibt, wird der Verband seine Mitglieder informieren.

HINTERGRUND: die Corona-Soforthilfe

Mit der Corona-Soforthilfe hatte das Land im Frühjahr 2020 Unternehmen und Selbstständige unterstützt, die sich infolge der Corona-Pandemie in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage befanden und massive Liquiditätsengpässe erlitten hatten.

Der DEHOGA hatte damals die schnelle Gewährung von Hilfen begrüßt, weil die Branche durch die Schließungsanordnungen besonders hart betroffen war. In der Durchführung mahnte der Verband im Dialog mit der Politik erfolgreich Verbesserungen an, beispielsweise die Verschonung von Privatvermögen. Gleichzeitig kritisierte der DEHOGA aber deutlich Änderungen, die die Beantragung für die Betriebe erschwerten, unter anderem mehrfach geänderte Ausfüllhilfen oder die Änderung des Antragszeitraums.

Für besonderen Unmut sorgte in der Folgezeit, dass die L-Bank die ursprünglich als nicht zurückzahlbar deklarierte Soforthilfe später einem Prüfungsverfahren unterzog und vielfach Rückforderungen geltend machte. Der DEHOGA hatte das seinerzeit gegenüber der Politik massiv kritisiert und davor gewarnt, dass Betriebe durch Rückzahlungsforderungen nachträglich in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und somit die Corona-Soforthilfe konterkariert würde. Die Landesregierung hatte dennoch ausdrücklich an der geplanten Verfahrensweise festgehalten. Damit war klar, dass betroffene Betriebe nur noch Rechtsmittel einlegen können, um sich gegen die einzelnen Bescheide zu wehren. Entsprechend gab es erst zahlreiche Widersprüche; später auch Klagen.

Zuletzt wurden nun Verfahren an den Verwaltungsgerichten in Freiburg und jüngst in Stuttgart verhandelt. Das VG Freiburg hatte am 11. Juli in mehreren Fällen Rückzahlungsbescheide der L-Bank bezüglich der Soforthilfen aufgehoben (mehr lesen). Allerdings steht die Urteilsbegründung weiterhin aus, sodass die Urteile noch nicht rechtskräftig sind und bisher nicht abschließend bewertet werden können.